Ausbau des Gasversorgungsnetzes

  1. Technische Entwicklung
  2. Unterschiedlicher Energiebedarf der Wohngebäude
  3. Alternativen
  4. Ergebnis der Interessenbekundungen Eppsteiner Gebäudebesitzer
  5. Geschäftspolitik von Gasversorgungsunternehmen
  6. Fazit – Stand 1.1.2021

1. Technische Entwicklung

Das Gasversorgungsnetz wurde in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland deutlich ausgebaut, dennoch bleiben weiterhin viele Wohnquartiere ohne eine Gasversorgung. Wo immer möglich, wurden Ölheizungen durch Gasheizungen ersetzt. Erdgas hat 25 % geringere CO2- und deutlich geringere Feinstaub-Emissionen.

Vor etwa acht Jahren hat das Fraunhofer-Institut ein Verfahren entwickelt, mit dem Strom aus regenerativen Quellen, wie Fotovoltaik oder Windkraftanlagen, in synthetisches Gas oder auch Wasserstoff umgewandelt werden kann. Bisher gibt es leider nur einige Pilotanlagen und keine flächendeckende Transformationsversorgung.

In Mainz steht eine Pilotanlage aus drei Windkraftanlagen, deren Strom in Wasserstoff umgewandelt wird. Der Wasserstoff wird u.a. in Bussen des ÖPNV eingesetzt. Besuchstermine mit Erläuterungen werden in Mainz angeboten. Die Nachfrage nach Besichtigungen ist hoch. Beabsichtigte Gruppenbesichtigungen in den Jahren 2018 und 2019 sind wegen der ausgebuchten Termine nicht möglich gewesen.

Das synthetische Gas, sowie Biogas kann in einem beliebigen Mischungsverhältnis mit Erdgas gemischt werden. Erdgas kann zu einem späteren Zeitpunkt völlig ersetzt werden. In das vorhandene Gasversorgungsnetz kann auch bis zu 10 % grüner Wasserstoff beigemischt werden. Das synthetische Gas, Wasserstoff sowie Biogas emittieren kein CO2.

2. Unterschiedlicher Energiebedarf der Wohngebäude

Seit dem Jahr 1977 gibt es unterschiedliche Fassungen von Verordnungen/Gesetze, die Energieeinsparmaßnahmen für die Erstellung bzw. dem Umbau von Wohngebäuden verpflichten. Es wurde im Turnus von mehreren Jahren der Umfang der Energieeinsparmaßnahmen stets erhöht.

Die Verordnungen/Gesetze:
  • Wärmeschutzverordnung WSVO von 1977 bis 1995
  • zwei Novellen von 1996 bis 2001
  • Energieeinsparverordnung EnEV von 2002 bis 2016
  • Gebäudeenergiegesetz GEG seit 2017
  • neuste Fassung ab 1.11.2020

Vor 1977 gab es keine nennenswerte Vorschriften für Energieeinsparmaßnahmen. Durch die Folgen des 2. Weltkrieges, gab es erhebliche Gebäudezerstörungen; Frankfurt a. M. 32 %, Hanau extreme 75 % und 14 Millionen Flüchtlinge, wurden sehr viele Wohngebäude in den 50er und 60er Jahren gebaut. Etwa 75 % des Wohngebäudebestandes in Deutschland sind nach heutigen Maßstäben ungenügend wärmegedämmt.

Der Energiebedarf zur Beheizung des Wohnraumes ist sehr unterschiedlich. Die nachfolgenden Daten sind Durchschnittswerte, ohne Warmwasseraufbereitung, für ein Jahr pro m² Wohnfläche. Der Heizwert von 1 cbm Gas entspricht einem Liter Heizöl bzw. von ca. 10 Kwh.

Ein neues Haus hat einen Energiebedarf von 1,5 bis 3 cbm Gas bzw. ltr. Öl. Je älter die Gebäude sind, desto höher ist meist der Energiebedarf. Ein Haus aus den 80er Jahren dürfte einen Energiebedarf von ca. 10 cbm Gas bzw. ltr. Öl haben, noch ältere Gebäude liegen 15 bis 20 cbm Gas bzw. ltr Öl oder auch darüber.

Das Umweltamt empfahl bisher, bei älteren Gebäuden Energiesparmaßnahmen in einem Umfang durchzuführen, um wenigstens einen Wert von 10 cbm bzw. ltr. Öl pro qm Wohnfläche zu erreichen.

3. Alternativen

3.1 Ölheizungen

Nach Gasheizungen werden am häufigsten Ölheizungen genutzt. Ab dem Jahr 2026 dürfen Ölheizungen weitgehend nicht neu eingebaut bzw. erneuert werden (§ 72 Gebäudeenergiegesetz). Es gibt Ausnahmen durch Kompensationsinvestitionen, wenn mindestens 25 % des Jahresenergiebedarfs in erneuerbare Energietechniken installiert wird oder bei unbilligen Härten.

3.2 Stromheizung

Stromheizungen sind eine Alternative, viele Nutzer klagen jedoch über sehr hohe Betriebskosten.

3.3 Pelletheizungen

Pelletheizungen sind in der Anschaffung teurer als eine Gas- oder Ölheizung. Die Lagermöglichkeiten für Pellets sind zu prüfen. Eine Tonne Heizpellets nimmt den Raum von 1,54 m³ ein und hat den Heizwert von 500 l Heizöl. Der Platzbedarf für Holzpellets ist somit viel höher als bei Öl.

3.4 Wärmepumpen

Wärmepumpen werden mit Strom betrieben und können auch durch Geothermie unterstützt werden. Wärmepumpen können gut bei neuen Gebäuden mit hohen Wärmedämmwerten und Fußbodenheizung genutzt werden. Bei Gebäuden mit geringen Wärmedämmungen steigt der Strombedarf, besonders bei sehr niedrigen Temperaturen, deutlich an. Energieversorger bieten besondere Tarife für Wärmepumpen an. Es gibt auch Hybridanlagen auf dem Markt, welche einen Gasbrennwertkessel und eine Wärmepumpe in einem Gerät vereinen.

4. Ergebnis der Interessenbekundungen Eppsteiner Gebäudebesitzer

In der Zeit vom 17.11. bis 30.12.2020 führte ich samstags in den Straße: Schulstraße, Langstraße, Feldbergstraße Hausbefragungen über das Interesse an einer Gasversorgung durch. Einige Haushalte erreichte ich telefonisch über den Festnetzanschluss.

Ich fragte jeweils, ob die Haushalte ein Interesse an einer Gasleitung/Gasversorgung in der Straße bzw. in Ehlhalten haben oder ob kein Interesse besteht. Bei etwa 20 % der Haushalte kam es zu einem informativen Gespräch.

Die nachfolgenden Daten sind Durchschnittswerte der drei Straßen, die Abweichungen sind bekannt.
Insgesamt liegen Antworten von 85 % der Haushalte vor, 15 % konnten nicht erreicht werden.
Die Antworten können in 6 Kategorien gesammelt werden:

  1. Sofort würden einen Gashausanschluss beauftragen: 12 %
    Nutzer von Flüssiggas oder die Heizung ist bald auswechslungsbedürftig.
  2. Einen zeitnahen Gasanschluss beauftragen würden (innerhalb 2 Jahren) 8 %
  3. In einigen Jahren einen Gasanschluss beauftragen können sich vorstellen 25 %
    Die Heizungen sind noch nicht dringend erneuerungsbedürftig.
  4. Keine Heizungen auswechseln möchten ältere Hausbesitzer im Alter 80 + 25 %
  5. Keine Erwägungen in Bezug einer künftigen Heizung haben 10 %
  6. Keinen Gasanschluss möchten 20 %
    Es sind Haushalte die weiterhin Öl möchten, einige haben eine Pelletheizung,
    ein Haushalt heizt mit Holz oder nutzen eine Elektroheizung. Vier Haushalte
    nutzen Wärmepumpen, hiervon möchte ein Haushalt einen Gasanschluss.
    Vier Haushalte haben im Jahr 2019 bzw. 2020 die Ölheizung erneuern lassen.
    Alle vier bedauerten, dass keine Alternative für eine Gasheizung vorhanden war.
    Zwei Haushalte begründeten die Entscheidung für Öl anstatt einer Pelletheizung
    mit dem größeren Lagerhaltungsvolumen für Pellets.

Gespräche mit Bürgern vermitteln den Eindruck, dass 85 % keine Informationen über die Möglichkeiten synthetischer Gasherstellung haben, 80 % keine Informationen über eine weitgehende Einschränkung von Ölheizungsinstallationen ab dem Jahr 2026 haben.

5. Geschäftspolitik von Gasversorgungsunternehmen

5.1 Mainova AG

Die Stadt Eppstein hat einen Vertrag über die Gasgrundversorgung mit der Firma Mainova AG; Frankfurt a. M.. Der Vertrag wurde im Jahr 2014 abgeschlossen. Der Vertrag schließt eine Gasversorgung für den Stadtteil Ehlhalten aus. Es wird in dem Vertrag auf eine Kalkulation des Jahres 2012 Bezug genommen, selbst wenn 50 % der Ehlhaltener Haushalte zeitnah einen Gasanschluss beauftragen würden, dann wäre die Investition für Mainova nicht kostendeckend.

Die Stadt Eppstein kann von Mainova auch für das übrige Stadtgebiet keinen Ausbau des Gasversorgungsnetzes verlangen, wenn sich dies für Mainova nicht kostendeckend rechnet, soweit der Vertrag. Ein nennenswerter Ausbau des Gasversorgungsnetz in Eppstein ist seit dem Vertragsabschluss nicht erfolgt.

Die Firma Mainova hat ein umfangreiches Geschäftsfeld: Gasversorgung, Stromversorgung, Nah- und Fernwärmenetze, Wasserversorgung (Hessenwasser AG) usw. Der Geschäftsbericht 2019 vermittelt eine große Region des Gasversorgungsgebietes u. a. Frankfurt, der gesamte Main-Taunus-Kreis und große weitere Gebiete. Die Planung für Investitionen von 11 Millionen Euro für das gesamte Gasversorgungsnetz für das Jahr 2020 erscheint im Verhältnis zu dem großen Gebiet sehr gering. Hingegen werden für den Ausbau des Stromnetzes 56 Millionen veranschlagt. Fachleute berichten von erheblichen Investitionen für die Stromversorgung der zahlreichen Rechenzentren im Raum Frankfurt.

5.2 ESWE

Die Firma ESWE hatte der Stadt Eppstein im Rahmen der Ausschreibung des Gasversorgungsnetzes im Jahr 2013 eine Gasversorgung des Stadtteils Ehlhalten angeboten, wenn 30 % der Hausbesitzer in Ehlhalten zeitnah einen Gashausanschluss beauftragen würden. Eine Interessensbekundung der Ehlhaltener Haushalte wurde nicht durchgeführt.

5.3. Kommunale Gasversorgungsunternehmen

Ich führte mehrere Gespräche mit dem Geschäftsführer einer kommunalen Stadtwerke-Gesellschaft einer mittelgroßen Stadt. Von Interesse war u. a. der künftige Ausbau des Gasversorgungsnetzes unter Berücksichtigung der vorgenannten Entwicklungen. Die Antwort: „Das Gasversorgungsnetz wird weiterhin ausgebaut, das rechnet sich.“

Sowohl der Geschäftsbericht der Mainova als auch die Geschäftsberichte von kommunalen Gasversorgungsunternehmen vermitteln die Informationen, dass in der Gasversorgung eine rentable Marge erzielt wird. Der Geschäftsführer bestätigte mir eine höhere Marge in der Gas- als in der Stromversorgung. Alle von uns ermittelten kommunalen Gasversorgungsunternehmen, die bereits seit längerer Zeit bestehen, erzielen Überschüsse. Diese Überschüsse werden in kommunale Beteiligungsgesellschaften abgeführt und dort mit subventionsbedürftige Bereiche (z. B. ÖPNV, Schwimmbäder usw.) verrechnet.

6. Fazit

Die Firma Mainova AG hat für Ehlhalten als Alternative zu einem Gasversorgungnetz die Prüfung des Aufbaus eines Nahwärmenetzes mit der Energieversorgung einer Holzhackschnitzelanlage oder Pellets empfohlen. Wir haben uns in Burgjoß/Spessart über deren Nahwärmenetz mit Holzhackschnitzelanlage erkundigt. Für einen rentablen Aufbau und Betrieb ist ab einer Versorgungsdichte der Haushalte von über 50 % erforderlich, in Burgjoß wurde über 80 % erreicht. Die aktuelle Umfrage vermittelt eine zeitnahe Anschlussdichte von 30 bis 40 %.

Es sollte eine Rekommunalisierung der Gasversorgung geprüft werden. Für kommunale Gasversorgungsunternehmen gibt es Betriebsführungsgesellschaften, die alle erforderliche Betriebs-abwicklungen erfüllen. Personal oder eine spezielle Organisation in der Kommune ist nicht erforderlich.
Eine Rekommunalisierung wäre in dem Vertrag ab dem Jahr 2024 möglich. Dies wäre Mainova zwei Jahre zuvor anzuzeigen. Die organisatorische Vorlaufzeit beträgt zwei bis drei Jahre.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war die Entwicklung einer Versorgung mit synthetischem Gas und einem weitgehenden Einschränkung der Ölheizungsinstallationen ab dem Jahr 2026 nicht bekannt.

Bernd Fuchs